Kindern geht es genauso. Es gibt Tage, da sind sie traurig, weil vielleicht der Freund nicht mehr mit ihnen spielen möchte oder sie sorgen sich, weil die Eltern sich streiten oder gar trennen. Vielleicht ist der Kindergarten oder die Schule noch so neu und fremd, die vielen Regeln einzuhalten fällt ihnen vielleicht noch schwer. Deswegen sind diese Kinder nicht therapiebedürftig oder gar krank.
Kinder sprechen jedoch nicht immer über Ihre Unsicherheiten. Ich höre kaum von Kindern: „Ich sorge mich um meine Zukunft, weil ich nicht weiss, ob ich in der grossen Kindergartengruppe mithalten kann“. Oder: „Ohne meine Mutter glaube ich es nicht zu schaffen“ (schon eher „will Mamma haben“).
Denn Kinder spielen „über ihre Sorgen“. Das tun sie ganz ernsthaft und intensiv. Damit meine ich jedoch nicht das Spiel auf dem Kinderspielplatz oder beim Legospiel nach Vorlage.
Mit diesen unterschiedlichen Erfahrungen und Ängsten spielerisch umzugehen ist ein wichtiger Bestandteil der kindlichen Entwicklung.
In diesen kleinen Gruppen mit maximal 6-7 Kindern, werden daher auch keine Diagnosen gestellt. Die Spiele werden auch nicht „Gelesen“ im Sinne einer Interpretation von Familienverhältnissen. Denn diese Spiele sind gesund, normal und tun einfach gut. Von einer Therapie ist daher in diesen Stunden für Kinder nicht die Rede.
In unseren Regelklassen sind Kinder in sehr gemischten und teilweise grossen Gruppen eingeteilt und werden entsprechend dem Durchschnitt beurteilt. Es existiert jedoch weder ein sogenannter Durchschnitt, noch existiert eine einheitliche Entwicklung der Kinder. Die möglichen Therapien sollten daher eher als eine Form der notwendigen Erweiterung des Klassenzimmers gesehen werden. Gelder werden aber in der heutigen Zeit dafür leider nur zur Verfügung gestellt, wenn entsprechende Diagnosen genannt werden. Dies kann zu einer Verfälschung der hilfreichen Unterstützung führen und einer Art „Therapitis“ welche Eltern wie Kinder gleichermassen verunsichert.
Eltern dürfen übrigens gerne auch kompetent mitreden, z.B. darum bitten, dass es bei einer oder maximal zwei unterstützenden Stunden bleibt, die Schule wird ihr Kind nicht zu einer Therapie „zwingen“ sondern diese nur empfehlen.
Interessanterweise sind jedoch andererseits Eltern kaum bereit für ihre Kinder eine Stunde zu buchen, welche nicht ziel- und leistungsorientiert gemessen werden kann.
Gehen wir zurück zu unserem erwachsenen Kollegen:
Wenn ein Freund nicht mehr sprechen kann über seine Sorgen, wenn er sich so sehr zurückzieht, dass niemand mehr an ihn herankommt oder wenn Ihr Kollege immer öfter rasch in Tränen ausbricht, wenn ein bestimmtes Thema zur Sprache kommt und das Gespräch sich über Monate im Kreis dreht…. Dann würden wir uns Sorgen machen. Wir würden versuchen diesem Freund oder Kollegen zu helfen, ihn oder sie ermuntern sich Hilfe zu holen. Manchmal braucht es dann viele gut tragende Beziehungen in der Familie, um wieder „Boden unter den Füssen“ zu bekommen.
So sorge ich mich auch um Kinder, die überhaupt nicht mehr ins Spiel finden, stumm danebenstehen (auch im Kindergarten oder der Schule), immer dasselbe Spiel wieder und wieder spielen „müssen“ ohne eine kleinste Änderung zulassen zu können. Dann kann es vielleicht sein, dass dieses Kind etwas mehr professionelle Unterstützung benötigt. Dann sind möglicherweise therapeutische psychomotorische Einzelstunden notwendig um auf dieses Kind und seine Spiele, seine Nöte besser eingehen zu können. Und es braucht sicherlich die begleitenden Gespräche mit den Eltern und Lehrern, um ein tragfähiges Netz zu spannen, damit Veränderung wieder möglich wird und das Kind sich wieder öffnen kann.
In diesem Sinne wünsche ich allen Kindern einen oder mehrere Menschen - im besten Fall sind es Eltern und Freunde und als Unterstützung auch Lehrer oder eben die Psychomotorikerin, die Ihnen Zeit und Raum geben um zu zeigen:
Komm, lass uns mal drüber spielen!
Ps:
Die Türe bleibt in unserem Spielraum meistens zu –es wäre doch etwas seltsam wenn bei einem wichtigen Gespräch mit einem Kollegen sich dann der Chef oder der Nachbar dazusetzt – um mal ein wenig zuzuhören, was den hier so gesprochen wird…